„Praxis ab 8:00, erster Termin 9:00“ klingt normal, ist es aber nicht. Für Spättypen (Eulen) fällt 9:00 oft mitten in die biologische „Schlaf-Nachlaufphase“: Aufmerksamkeit, Gedächtnisabruf und Empathie sind niedriger.
Frühtypen (Lerchen) performen hier gut, Eulen zahlen mit mehr Fehlern, dünnerer Geduld und verpassten Nuancen. In Berufen, in denen Zuhören, kognitive Präzision und Beziehung Kernleistungen sind (Coaching, Therapie, Hebammenwesen, Ernährungs-, Fitness- und BGM-Settings), kann das die Wirksamkeit mindern, und damit Outcome, Zufriedenheit und Weiterempfehlung
warum „Uhrzeit“ nicht das Kriterium ist
Die Chronobiologie erforscht die inneren Uhren und ihre Abstimmung durch Licht. Der Chronotyp bestimmt, wann Melatonin steigt, wann Tief- und REM-Schlaffenster liegen und wann Kognition/Emotion optimal sind. Ergebnis: Gleiche Uhrzeit ≠ gleiche Leistungsfähigkeit. 2017 wurde die Forschung dreier Chronobiologen mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet – seither ist klar: Timing schlägt Dogma.
Business-Folgen – kleiner Hebel, große Wirkung
- Coaching-Qualität: Aktives Zuhören, Hypothesenbildung, Transfer – alles leichter im Leistungshoch.
- Sicherheit & Sorgfalt: In Pflege, Physiotherapie, Sporttests oder Ergonomieberatungen sinkt die Fehlerquote, wenn die Fachkraft „im Fenster“ arbeitet.
- Kundenerlebnis: Klient:innen fühlen sich gesehen (gerade Eulen), wenn Termine passend angeboten werden – zahlt auf Bindung und Preisbereitschaft ein.
- Positionierung: „Chronotypfreundliche Praxiszeiten“ sind ein Alleinstellungsmerkmal – besonders für Spättypen, die vormittags sonst kaum passende Angebote finden.
raxisleitfaden – so planst du chronotypfreundlich
- Eigenen Chronotyp bestimmen.
Kurzer, validierter Online-Fragebogen der IfADo als Start. Danach 2 Wochen Selbstbeobachtung: Wann bin ich ohne Wecker wach? Wann bin ich geistig scharf? Oder, für Profis, gleich der RNA Chronotyp Test von BodyClock. Dann ist man auf der sicheren Seite. - Leistungsfenster definieren.
Markiere A-Slots (Deep Work/anspruchsvolle Coachings), B-Slots (Routine, Admin), C-Slots (Mails, Orga). - Terminangebot staffeln, z.B.:
- Lerche: A-Slots 8:30–12:00, B-Slots 13:30–16:00, C-Slots 16:00+.
- Eule: C-Slots 9:00–11:00 (Warm-Up/Orga), B-Slots 11:00–14:00, A-Slots 15:00–20:30.
- Kommunikation auf der Website:
z.B. „Wir arbeiten chronotypfreundlich: Vormittagstermine für Frühtypen, Abendtermine für Spättypen. Bitte wählen Sie, was zu Ihnen passt.“ - Buchungstool mit Wahlfragen.
Mini-Intake: „Fühlen Sie sich morgens/nachmittags/abends am fittesten?“ – zeige passende Slots zuerst. - Meeting-Kultur anpassen (BGM/Teams):
Definiere „Kerngleise“ (z. B. 10–12 & 14–16) für konzentrierte Arbeit, vermeide 8-Uhr-Kickoffs für Eulen-Teams. - Licht als Verstärker:
Morgens viel Tageslicht (oder helle Deckenbeleuchtung im Winter), abends dimmen → erleichtert Ein- und Durchschlaf im richtigen Fenster.
Häufige Einwände – und gute Antworten
- „Abends bucht niemand.“
Spättypen suchen jedoch genau das. Viele berichten uns, sie würden eher und länger buchen, wenn 17:30–21:00, oder sogar später, möglich ist – besonders bei Online-Terminen. - „Ich verliere Vormittagsumsatz.“
Tausche 2–3 schwache Vormittagssitzungen gegen 2 starke Spätslots: höhere Wirksamkeit, weniger Nachsteuerung, bessere Bewertungen. - „Klingt kompliziert.“
Einmal sauber planen, dann im Kalender wiederholen. Zwei Terminspuren („Lerche/Eule“) genügen. - „Wie messe ich’s?“
Tracke Sitzungsqualität (Selbst-Score 1–5), Follow-up-Bedarf, No-Shows und Weiterempfehlungen je Slotgruppe. Muster werden schnell sichtbar.
Fragen aus der Praxis – kurz, klar, hilfreich
- Was ist die beste Tageszeit für Coaching?
‚ Wenn Coach und Coachee im Leistungshoch sind. Chronotyp erheben, Slot danach wählen. - Wie finde ich meinen Chronotyp schnell heraus?
Start mit IfADo-Fragebogen + 14 Tage Schlaftagebuch (Aufwachzeit ohne Wecker, mentale Peaks), oder nutze die 100% Lösung für Profis, den RNA-Chronotyptest von BodyClock. - Sind Abendtermine schlechter für Schlaf?
Nicht per se. Entscheidend ist Runterfahren nach dem Termin (Licht dämpfen, kein Doomscrolling) und ein Stopp-Ritual. - Was, wenn ich z.B. als BGM-Mitarbeiter:in Schichtdienste habe?
Dann zählt Konstanz pro Schichtblock, Tageslicht an den richtigen Stellen und keine 8-Uhr-Meetings nach Spätschichten.
Umsetzung in 7 Tagen
- Tag 1–2: Chronotyp-Check + Kalenderanalyse der „Top-Sessions“.
- Tag 3: A/B/C-Slots definieren, 20 % der Woche in A-Slots blocken.
- Tag 4: Website-Text & Buchungslogik anpassen („chronotypfreundlich“).
- Tag 5: Pilot mit 5–10 Stammkund:innen (Feedback sammeln).
- Tag 6: Licht-Routine etablieren (morgens hell, abends dimmen).
- Tag 7: Kennzahlen-Dashboard aufsetzen (Qualität, Follow-ups, Weiterempfehlungen).
- Dann starten!
Fazit – Mach Schluss mit „9 Uhr passt allen“
Standarduhrzeiten sind Leistungsfilter – sie bevorzugen Lerchen und benachteiligen Eulen. Wer Chronotypen aktiv berücksichtigt, steigert Qualität, Wirksamkeit und Planbarkeit – und verschafft sich ein. Chronotypfreundliche Praxiszeiten sind kein „Nice-to-have“, sondern ein Wettbewerbsvorteil.
Quellen & weiterführende Links
- IfADo – Chronotyp & Arbeitsforschung Dortmund: https://www.ifado.de/de/chronotyp
- RNA-Chronotyptest von BodyClock: https://www.bodyclock.health/?peachs_apc=immerausgeschlafen
- Nobelpreis Chronobiologiie: https://www.nobelprize.org/prizes/medicine/2017/advanced-information/
